Die Verehrung Hermanns des Lahmen in Altshausen


Sie beginnt mit einem Paukenschlag. Nach seinem Tod am 24. September 1054 im Kloster auf der Reichenau wird sein Leichnam nicht nach der benediktinischen Tradition der stabilitas loci dort beigesetzt, sondern nach Altshausen überführt.

Was ist dem vorausgegangen?

Könnten wir noch Frau Calasanz Ziesche (1923-2001), die Autorin des Romans „Die letzte Freiheit“, fragen, so käme ihre Antwort wie aus der Pistole geschossen: Hermann der Lahme wollte neben seiner Mutter, der 1052 verstorbenen Gräfin Hiltrud, beigesetzt werden, also in der Grablege der Altshauser Grafen, der Ulrichskapelle.
So einfach wollen wir es uns aber nicht machen. Hermann der Lahme hätte sich wohl kaum der benediktinischen Gepflogenheit, im Klosterfriedhof beigesetzt zu werden, widersetzt. Und Prof. Klaus Schreiner, Historiker und Theologe, jetzt in München, schreibt, dass Hermann nicht mit einem Begräbnisort ohne geistliche Institution einverstanden gewesen wäre, deren Mitglieder für die Seelen der Verstorbenen beteten.
Für den Hochadel im 11. Jahrhundert – und dazu zählten die Altshauser Grafen – war es ein zentrales Anliegen, ein Kloster zu gründen, um eben eine Gebetsbruderschaft an der Grablege zu haben.
Hermann schreibt in seiner Weltchronik nichts über die Gründung eines Klosters in Altshausen.
Archivalisch ist nur gesichert, dass bei der Gründung des Benediktinerklosters in Isny durch den jüngeren Bruder Hermanns, Graf Manegold, Mönche aus Altshausen und Hirsau abgezogen worden sind. Es muss also 1096, wenn nicht ein Kloster, zumindest ein Priorat der Benediktiner in Altshausen gegeben haben. Hier schreibt das wttbg. Klosterbuch auf Seite 174 vorsichtiger von „im Aufbau...“
So ist am wahrscheinlichsten, dass die Benediktiner, die ihren Mitbruder Hermann im Sarg nach Altshausen getragen haben, gleich dort geblieben sind, gleichsam der Grundstock für das Altshauser Benediktinerkloster.
Hermann der Lahme war auch noch nach seinem Tod ein großer Anziehungspunkt, und so konnte der Vater Hermanns, Graf Wolferad II., davon ausgehen, dass sein Kloster in kurzer Zeit zum Blühen kommen würde.
Dem war dann aber doch nicht so. Im nahen Altdorf, im dortigen Kloster Weingarten, wurden schon 1056 die Benediktinerinnen durch männliche Benediktiner ersetzt. Der Zeitpunkt ist überliefert, nicht aber der Beweggrund. Es ist denkbar, dass die dortigen Welfen dem Herrschaftsaufbau der Altshauser Grafen einen Riegel vorschieben wollten, denn ein Männerkloster im Mittelalter war immer ein wesentlicher Machtfaktor. Die Verehrung der Heilig-Blut-Reliquie im Kloster Weingarten seit 1094 war ein wesentliches Gegengewicht zu der Hermann-Wallfahrt nach Altshausen.
Dr. Josef Kerkhoff schreibt über lang anhaltende Turbulenzen zwischen den Welfen und den Altshauser Grafen, die auch noch weiterbestanden, als sich die Altshauser Grafen nach Isny zurückgezogen hatten.
Ein Glück für uns in Altshausen, die Grablege blieb hier! Ein zweites Mal war diese Grablege in akuter Gefahr. Das war um die Mitte des 13. Jahrhunderts, als der damalige Besitzer der Grafschaft Altshausen, Graf Hartmann von Grüningen, nach seinem erfolgreichen Kampf gegen die Staufer in deren Reich nördlich der Alpen, seinen Herrschaftssitz von Oberschwaben nach Markgröningen im Unterland verlegte.
Was macht der Hochadel, wenn er seinen Herrschaftssitz verlegt? Er gründet an der nun verlassenen Grablege ein Kloster, damit für die Verstorbenen dort weiter gebetet werden kann (so die Babenberger in Melk und Klosterneuburg).
Den Gebeinen Hermanns ging es also, aber nur zunächst, besser als denen des Alten Fritz, die mehrfach umgebettet wurden.
Graf Hartmann von Grüningen entschied sich für den aufblühenden Deutschen Orden als Nachfolger der Benediktiner in Altshausen. Damit war hier wieder eine gei/stliche Gemeinschaft zuhause, die für die Seele Hermanns des Lahmen beten konnte. Ob es bis 1264, als die ersten Deutschordensritter den Besitz der Altshauser Grafen übernahmen, noch Benediktiner in Altshausen gab, wissen wir nicht.
Und woher nehmen wir nun die Sicherheit, dass Hermann der Lahme in den Jahrhunderten nach seinem Tod nicht völlig vergessen war, sondern dass er weiterhin verehrt wurde, ja, dass eine Wallfahrt zu ihm stattgefunden hat?
Einmal passt es in die politische Landschaft. Bis zum heutigen Tage versucht der Hochadel, dass Mitglieder der jeweiligen Familie heilig- oder selig gesprochen werden.
Dann haben wir zwei sehr aussagekräftige archivalische Nachweise. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts besucht der Humanist Kaspar Bruschius Altshausen und lässt sich vom dortigen Landkomtur von Reischach die Gebeine Hermanns des Lahmen zeigen. Die geistige Elite Deutschlands hatte also Hermann nicht vergessen. Der Humanist Bruschius ist nicht unbedeutend.
Man kann ihn angoogeln.
Noch eindrucksvoller ist der Bericht über die Abgabe der Gebeine Hermanns des Lahmen im 17. Jahrhundert, noch vor der heißen Phase des 30jährigen Krieges. Damals wurde unter dem Landkomtur von Stein die linke Seitenkapelle, die Gruftkapelle, an die Kirche angebaut. Unterhalb dieser Gruftkapelle entstand eine neue, die sogenannte landkomturliche Gruft. Diese Gruft ist bis zum heutigen Tag nicht zugänglich. Um zu ihr zu gelangen, müssen Erdbewegungen außerhalb der linken Seitenkapelle vorgenommen werden, ein guter Schutz vor Plünderungen in Kriegszeiten. Die Gebeine der in Altshausen verstorbenen Landkomture wurden von der bisherigen Grablege in die neue landkomturliche Gruft verbracht. Die Gebeine Hermanns hatten sich schon beim Besuch des Humanisten Bruschius anno 1548 als „sehr zart und schon in Staub zerfallend“ gezeigt. Sie wurden
deshalb komplett an befreundete Benediktinerklöster abgegeben.
So gelangten am 8. Mai 1626 ein Teil des Kopfes nebst einem Arm und anderen Gebeinen nach der Abtei Weingarten. (Spahr, Basilika, Sigmaringen 1974, S.150 schreibt: „Reliquien am Sebastiansaltar.)
Warum und wann sich die Weingartener Mönche jedoch von der Schädelkalotte getrennt haben, wissen wir nicht. Archivalisch belegt ist nur, dass im Jahre 1885 der Altshauser Kaplan Josef Grieser anlässlich der Restauration der Altshauser Marienkapelle dort von Andreas Wachter, dem Pfarrer in Haisterkirch, erfährt, dass Hermanns Schädelreliquie in Haisterkirch sei. Haisterkirch war die Sommerresidenz des Prämonstratenserklosters Rot an der Rot. Pfarrer Wachter war bereit, diese Reliquie an den Geburtsort des großen Reichenauer Mönches abzugeben. So geschah es im Jahre 1885.

Wir haben auch einen eindrucksvollen Bericht vom Kloster Ochsenhausen:
„Das letzte große Geschenk vor dem Einbruch der Schweden erhielt Abt Balthasar am 1. Juni 1631 vom Komtur der Deutschordenskommende Altshausen, Johann Jakob von Stain zu Uttenweiler. Es waren drei Gebeine des Reichenauer Mönches, Hermanns des Lahmen. Das Reliquiar muss mit einer Fülle von unzählbaren kleinen und kleinsten Reliquien geschmückt gewesen sein. Der Kapuzinerguardian Archangelus von Ravensburg hatte wertvolles Heiltum persönlich nach Ochsenhausen gebracht.“ (Konstantin Maier, Pietas Ochsenhusana. Form und Gestalt ochsenhausischer Frömmigkeit im 17. und 18. Jahrhundert. In: Ochsenhausen – Von der Benediktinerabtei zur oberschwäbischen Landstadt, hrsg. von Max Herold, Weissenhorn: Konrad, 1994, S. 324)

Nach der Rückgabe der Schädelreliquie Hermanns nach Altshausen im Jahre 1885 gab der aus Altshausen gebürtige Booser Pfarrer Andreas Eisenbach bei dem Kunstmaler und Bildhauer Joseph Zodel (1852-1905) aus Leutkirch ein Holzbildwerk für die Marienkapelle in Auftrag, das als Reliquienschrein diente. Nach wenigen Jahren wiederholte sich aber ein Geschehen, das sich 1862/63 in Veringenstadt zugetragen hatte. Auf die Anfrage des dortigen Pfarrers beim Erzbischöflichen Ordinariat in Freiburg, ob Hermann als Beatifizierter oder als Kanonisierter (als Seliger oder als Heiliger) verehrt werden dürfe, kam die Antwort, dass von einer öffentlichen
Verehrung keine Rede sein könne.

Die Folge davon war:
Hermanns Schädelreliquie wurde aus dem Reliquienschrein entfernt und den Franziskanerinnen im Altshauser Spital übergeben. Dort wurde das „Hermännle“, wie man zu dieser Reliquie sagte, zu Hilfe geholt, wenn die Ordensfrauen bei Sterbenden beteten.
Nach dem 2. Weltkrieg kam unter Pfarrer Romer die Schädelreliquie wieder in die Sakristei der Altshauser Schlosskirche. Seit 1993 ist nun in der rechten Seitenkapelle, der Hermannus-Kapelle, die Schädel-Reliquie den Kirchenbesuchern zugänglich gemacht. Damit ist Altshausen wieder zu einem Wallfahrtsort geworden. Ziel ist der Selige Hermann, der Patron der Behinderten.

Ist es nun unsere „glückselige oberschwäbische Rückständigkeit“, die uns einen Schädelknochen verehren lässt, dessen Träger seit vielen Jahrhunderten nicht mehr unter den Lebenden weilt?
Wenn sie aktuell einen Besuch im Archiv für Deutsche Literatur in Marbach am Neckar machen und die Ernst-Jünger-Ausstellung ansehen, dann finden sie dort – unübersehbar – seinen zerschossenen Stahlhelm aus dem 1. Weltkrieg. Aber auch die Bonbons, die der oberschwäbische Literat zu lutschen pflegte, sind dort ausgestellt.
Wir erinnern uns auch an den Besuch Goethes im Beinhaus, wo er den Schädel Schillers betrachtete, Anlass für ein Gedicht.
Wir sind also mit unserer Verehrung Hermanns und seiner Reliquie nicht in ganz schlechter Gesellschaft.
Es ist eindeutig das Verdienst unseres verehrten ehemaligen Mesners Horst Hirt, die Hermann- Reliquie wieder zugänglich gemacht zu haben. Er ist diplomatisch vorgegangen, hat die Zeit nach dem Weggang von Herrn Pfarrer Unglert ausgenutzt und in dieser pfarrerlosen Zeit den offiziellen Vertreter, den Rektor von St. Johann in Blönried, gefragt, ob man die Hermann-Reliquie in der rechten Seitenkapelle aufstellen dürfe. Und der Pater Rektor SVD hat sich so verhalten wie der Alte Fritz: „Nur zu, aber es darf nichts kosten“.
Dank der Hilfe der Fa. Kienzle war dies dann auch möglich. Es entstand dieses schlichte Reliquiar, das heute in der rechten Seitenkapelle steht. Auf die Anfrage des Mesners nach der notwendigen Legende zu diesem Schädelknochen habe ich in protestantischer Freiheit sagen können: „Schädelknochen des Heiligen Hermannus contractus, des Patrons der Behinderten“.
Und warum war unser ehemaliger Mesner Hirt ein Hermann-Verehrer? Das soll ganz kurz zur Sprache kommen, damit es nicht vergessen wird. Folgendes Geschehen wurde mir berichtet und ist wohl noch nirgends nachzulesen.
Der Vor-Vorgänger meines Vaters, Dr. med. Feser, war kein gläubiger Mann. Er kam aber während des 1. Weltkrieges zwischen die Fronten. Wohin er sich auch bewegte, er wurde von allen Seiten beschossen. In dieser aussichtslosen Situation tauchte plötzlich ein Kind auf, das ihm bedeutete, ihm zu folgen. Das tat er auch und war plötzlich und unerwartet wieder bei seiner Truppe.
Nachträglich sah er dieses Kind als das Jesuskind an. Wieder zuhause hat er daraufhin gearbeitet, dass sein Sohn Nikolaus einen geistlichen Beruf ergriff. Dieser war dann als Pater Beda auf der Birnau und hat sich immer sehr gefreut, wenn Besucher aus Altshausen kamen. Pater Beda war Hermann-Verehrer und sein dortiger Mesner, Herr Hirt, hat diese Verehrung von ihm übernommen.

Mit Herrn Pfarrer Josef Schäfer, 1993 nach Altshausen gekommen, begann eine - hoffentlich sehr lang anhaltende - Reihung Altshauser Geistlicher, die sich die Verehrung Hermanns auf die Fahne geschrieben haben. Pfarrer Schäfer war 1993 so angetan von der Hermann-Ausstellung des Altshauser Geschichtsvereins in der Volksbank, dass dies bei ihm zu einer bleibenden Hermann- Verehrung geführt hat. Dies hat zu zwei wichtigen Fakten geführt, einmal zur Gründung unserer Hermannus-Gemeinschaft.
Wenn Goethe in seinem Lehrbrief „Die Kunst ist lang, das Leben kurz....“ schreibt, dass aller Anfang heiter ist, so trifft das auf die Entstehung der Hermannus-Gemeinschaft nicht zu.
Unsere Schatzmeisterin, Frau Erika Weber, hatte zunächst mir das mittlere Stockwerk des ehemaligen Postgebäudes als Ort für ein Hermann-Museum angeboten. Damals war ich durch meine ärztliche Tätigkeit zeitlich noch weitgehend eingeschränkt, so dass das Vorhaben nicht in der gebotenen Eile durchgeführt werden konnte. Nach Absprache mit mir hat Frau Weber dann das Stockwerk dem Geschichtsverein für ein Museum angeboten, dessen Vorsitzender das Geschenk dankend angenommen hat. Es zeigte sich aber, dass unserem Heimatheiligen dort nicht die erwartete Aufmerksamkeit zuteil wurde. Unsere liebe Erika klagte ihr Leid meiner Schwägerin Elli Ebner, von der dann die Gründung einer Hermannus-Bruderschaft angeregt wurde. Diese sollte
sich in Altshausen ganz der Hermannverehrung annehmen, insbesondere auf religiösem Gebiet. Und so geschah es dann auch.
Pfarrer Schäfer hat noch mehr bewirkt. Er war sich seiner Sache so sicher, dass der Schädelknochen Hermanns echt ist, dass er den Franziskanerinnen von Sießen davon einen Knochenspan brachte und die dortige Kunstschaffende, Sr. Witgard, bat, dafür ein Reliquiar anzufertigen. Ich habe in dieser Zeit Sr. Witgard bei unserem Mitglied und meinem Kollegen, Hermann Blankenhorn in Allmendingen, kennen gelernt. Das Gespräch kam auf Hermann, und ich habe ihr von der Anfrage des Benediktiners Ussermann im Jahre 1790 nach verbliebenen Reliquien Hermanns in Altshausen erzählt und der von der hiesigen Deutschordensverwaltung erhaltenen Antwort, nämlich dass alle Gebeine abgegeben worden seien.
Sr. Witgard wusste also, dass ihre Arbeit mit dem Reliquiar nutzlos war, wenn in Rottenburg eine Echtheit der Reliquie nicht wahrscheinlich gemacht werden konnte. Sie lag also unserem Pfarrer Schäfer in den Ohren, und dank unseres verehrten Herrn Gerai und seiner Suche im Altshauser Pfarrarchiv konnte archivalisch nachgewiesen werden, dass die Schädelkalotte 1885 von Haisterkirch nach Altshausen zurück gekommen war. Dieses Faktum war in Altshausen völlig in Vergessenheit geraten. Für viele von uns, auf jeden Fall für mich, war der Fund eine kleine Sensation. Er zeigt, wie wichtig es ist, dass eine Gemeinschaft wie die unsere für die Kontinuität der Hermann-Verehrung sorgt.
Was die Echtheit der Hermann-Reliquie betrifft, so ist es unsere Aufgabe, selbst den advocatus diaboli zu spielen und jeder Spur nachzugehen, die gegen die Echtheit dieser Reliquie ins Feld geführt werden kann.
Vom 11. bis zum 17. Jahrhundert besteht kein Zweifel daran, dass die Schädeldecke Hermanns in Altshausen war. Am 08. Mai 1626 kam der Schädelknochen neben anderen Gebeinen ins Kloster Weingarten. Aber wie, warum und wann kam sie von Weingarten nach Haisterkirch?
Hier gibt es bisher nur Vermutungen. Um 1728 hat die Regierung in Innsbruck nach einer Anzeige des Landvogts Einspruch gegen den barocken Neubau der Klosterkirche in Weingarten erhoben.
Der Neubau verlasse das Klostergebiet und beeinträchtige die via regia, die Reichsstraße. Die Mönche hatten also auf fremdem Grund und Boden gebaut und, wie in der Barockzeit nicht unüblich, sich hoch verschuldet. Heute gibt es den Bund der Steuerzahler, der aber kaum irgendeine Macht ausüben kann. Das war damals besser. Der Abt Hermann Vogler aus Rot an der Rot (1711-1739) visitierte die oberschwäbischen Klöster. So hatte der Abt von Bad Schussenried für die Kirche in Steinhausen zu viel Geld ausgegeben und wurde deswegen seines Amtes enthoben. Wir wollen es den Weingartner Mönchen nicht verdenken, wenn sie den hohen Gast gleich bei seiner Ankunft milde stimmen wollten und ihm die Hermann-Reliquie schenkten. Hermann Vogler, ein
Namensbruder Hermanns des Lahmen, war bekannt als Marienverehrer und Reliquiensammler. Wir haben uns bemüht; Frau Dr. Wasner hat zwei Tage lang im Hauptstaatsarchiv in Stuttgart gesucht, aber bisher nichts gefunden. Haisterkirch war, wie oben schon ausgeführt, die Sommerresidenz der Roter Äbte und besonders von dem Abt Hermann Vogler geschätzt.
Die Echtheit der Reliquie ist durch den Archivfund von Herrn Gerai auf jeden Fall sehr wahrscheinlich geworden. Um 1885 gab es keinen blühenden Reliquienhandel mehr, mit dem man in kurzer Zeit reich werden konnte. Es ist also mehr als unwahrscheinlich, dass der Haisterkircher Pfarrer dem Altshauser Kaplan um teures Geld einen wertlosen Knochen verkauft hat.
Typisch für die Arbeit des 1977 gegründeten Altshauser Geschichtsvereins ist auch die Auseinandersetzung mit dem Salve Regina. Es war damals üblich geworden, die Autorschaft Hermanns des Lahmen abzulehnen. Unvergessen ist mir die Antwort des damaligen Reichenauer Pfarrers auf meine Anfrage, ob sich die dortige Kirchengemeinde an der Herausgabe eines Hermann-Führers beteiligen würde. Ja, aber dann müsse darin festgehalten werden, dass Hermann nicht der Autor des Salve Regina sei.
Wir haben uns dieser Modeerscheinung nicht angeschlossen, sondern haben Pluspunkte für Hermann gesammelt. Wir sind hier auch in guter Gesellschaft. Sowohl der verstorbene Prof. Arno Borst wie auch Prof. Walter Berschin gehen davon aus, dass Hermann der Autor des Salve Regina ist – auch ohne einen archivalischen Beweis. Im Kreuzgangmuseum im Kloster Habsthal haben wir uns mit seinen „Konkurrenten“ auseinandergesetzt, dem Bischof Adhemar von Le Puy-en-Velay und dem Bischof Petrus von Compostela.
Damit kommen wir auf die Hermann-Ausstellungen zu sprechen. Zum 950. Todestag Hermanns im Jahre 2004 hat Wolfgang Urban, der Diözesankonservator in Rottenburg, eine sehr schöne Hermann-Ausstellung eingerichtet, zu sehen im Gang zwischen der Schlosskirche und der Heilig- Grab-Kapelle. Wolfgang Urban konnte auf viele Hermann-Abbildungen zurückgreifen, die meine Frau und ich in vieljähriger Arbeit gesammelt hatten, und die bei uns in einer kleinen Ausstellung im Haus zu sehen waren. Es war diese Ausstellung, die zunächst 1993 in der Altshauser Volksbank eingerichtet war und dort Herrn Pfarrer Schäfer inspiriert hatte.
Im Altshauser Geschichts- und Heimatmuseum ist nun Hermann dem Lahmen ein Zimmer gewidmet. Maler Georg Birk hat in bewährter Weise einen Hermann geschaffen. Und wenn in der dunklen Jahreszeit dort am Sonntagnachmittag das Licht brennt, dann können wir von unserem Wohnzimmer aus das Bild von Herrn Birk bewundern. Meine Frau kommt dann in mein Arbeitszimmer und sagt: „Dir winkt jemand.“ Ich stehe auf und winke unserem Hermann zurück.

Durch jahrelange Erfahrung mit Besuchern in unserer Hermann-Ausstellung im eigenen Haus habe ich festgestellt, dass es vorwiegend die Hermann-Abbildungen sind, für die sich die Besucher interessieren. So kam es zu der Hermann-Ausstellung im Kloster Habsthal. Wir danken der neuen Priorin, Sr. Kornelia Kreidler OSB, ganz herzlich, dass sie uns den dortigen Kreuzgang zur Verfügung gestellt hat. Es sind dort große Poster mit Abbildungen Hermanns ausgestellt, einschließlich einer Würdigung des jeweiligen Künstlers und auch der Kirche oder des Klosters, in der diese Abbildung zu sehen ist. Die Gebrüder Anton und Johannes Rimmele und Herr Dr. Erich Koch haben diese Poster handwerklich deutlich aufgewertet durch bessere Rahmen.

Wenn unser verehrter Papst Johannes XXIII. sagt: „Unsere Welt ist kein Museum!“ so möchte ich ihm natürlich nicht widersprechen. Aber wenn man den Satz umdreht, dann darf ich doch sagen: „Unsere Hermann-Museen sind unsere Welt.“

Ich komme zum Schluss. Als der Apostel Paulus auf dem Areopag für den Monotheismus predigte, da konnte er die große Menge nicht begeistern. Jedoch: „Einige aber schlossen sich ihm an“, wird in der Apostelgeschichte berichtet. Auch wir hoffen darauf an diesem Abend, und unser lieber Herr Alber hat Beitrittsformulare hergerichtet.

Walter Ebner