Seit langem
beschäftige ich mich mit dem anscheinend „unüberbrückbaren“
Widerspruch zwischen Naturwissenschaft und Theologie, zwischen
Evolution und Schöpfung. Bekanntlich beschränken sich die
Naturwissenschaften auf das, was sie belegen und beweisen
können, also auf die natürlichen Tatsachen.
Besinnen wir uns auf die Bibel, auf die älteste und ehrwürdigste
Überlieferung, die wir haben, so spricht die Bibel von einer
langsamen Entstehung des Lebens auf der Erde, von der Trennung
von Erde und Wasser, von der Bildung der Pflanzen, der Fische,
der Vögel, der Riesentiere, des Viehs und schließlich des
Menschen (Genesis 1, 3-27). Diese Entwicklung, in einer
wissenschaftlichen Forschung der letzten 150 Jahre festgelegt
und immer wieder bestätigt, entspricht im Ganzen der
Vorstellung, wie sie auch die Bibel in ihrer mythischen Sprache
darstellt. So hat die Wissenschaft der Geologie in mehr als
hundert Jahren dauernder sorgfältiger Arbeit feststellen können,
dass in den ältesten Perioden, den Epochen, die sie das
Paläozoikum nennt - das heißt vor 500 Millionen Jahre - nur
Algen lebten, und dass, genau wie die Bibel es darstellt, alles
Leben im Wasser entsteht.
Die Religion hat ihr eigenes Gebiet, ein Gebiet des menschlichen
Lebens, das notwendig und naturgegeben jedem Menschen eigen ist.
Es ist die Ahnung des Unendlichen hinter dem Endlichen, das
Gefühl des Numinosen, des Ewigen, das über den einzelnen Dingen
steht. Dieses Bewusstsein, dieses Erleben wird niemals durch
eine wissenschaftliche Erkenntnis betroffen. Alle Religion liegt
in einer anderen Ebene, alle Religion liegt im Bewusstsein des
ewig Gültigen, des Unbekannten und Transzendenten und in dem
Erleben des Menschen in seiner Beziehung zum Göttlichen. Darum
sehe ich als gelernter Naturwissenschaftler und engagierter
Christ keine Gegensätze zwischen den großen Erkenntnissen der
Naturwissenschaften und der theologischen Begründung unseres
Seins. |